
25.07.25 | News
Windkraft ist keine Option – sie ist Voraussetzung für die Zukunft
Ein Gespräch mit Ludwig Friedl, Geschäftsführer der Energieagentur Regensburg e. V.
Frage: Herr Friedl, Windkraft ist in der öffentlichen Debatte immer wieder umstritten. Für wie wichtig halten Sie den Ausbau der Windkraft?
Antwort:
Natürlich bringt auch die Windkraft – wie jede Form der Energieerzeugung – Eingriffe in die Umwelt mit sich. Deshalb sind offene Debatten darüber wichtig und richtig. Dabei darf aber nicht aus dem Blick geraten: Wir alle brauchen Energie, ob Bürger oder Unternehmen – und künftig sogar deutlich mehr, vor allem in Form von Strom. Dieser Strom sollte idealerweise aus Quellen stammen, die unabhängig von Importen, krisenfest, wirtschaftlich sinnvoll und dauerhaft verfügbar sind. Wenn man all diese Anforderungen zusammennimmt, spricht alles für die Windkraft. Und dabei haben wir über einen der zentralen Punkte noch gar nicht gesprochen: die Klimakrise. Die Art, wie wir Energie erzeugen, beeinflusst unser Klima massiv. Wenn wir unsere Ziele erreichen und gleichzeitig eine zuverlässige Energieversorgung sicherstellen wollen, führt an der Windkraft kein Weg vorbei.
Frage: Auch in unserer Region gibt es immer wieder Diskussionen um geplante Windkraftprojekte z.B. im fürstlichen Forst, bei Regenstauf oder im Raum Kelheim. Wie positioniert sich die Energieagentur Regensburg dazu?
Antwort:
Unser Auftrag und Ziel ist es, die Energiewende voranzutreiben. Dafür benötigen wir auch die Windkraft. Häufig ist der Denkmalschutz ein Thema, wie bei den Planungen im fürstlichen Forst. Dabei ist die Gesetzeslage klar: Der Bund schreibt im §2 des EEG vor, dass erneuerbare Energien wie Windkraftanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit liegen und damit Vorrang vor dem landesrechtlichen Denkmalschutz haben. Darüber hinaus spielt auch die Stimmung in der Bevölkerung eine große Rolle. Die Diskussionen um Projekte wie in Regenstauf oder Tegernheim zeigen: Viele Bürgerinnen und Bürger sind nicht gegen Windkraft per se. Sie möchten sie nur nicht bei sich vor Ort haben. Auch wenn das im Einzelfall verständlich sein mag, würde nach diesem Prinzip niemals etwas voran gehen. Und dabei werden die Chancen noch gar nicht betrachtet – mit der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger, aber auch durch Einnahmen für die Kommunen ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile für den ländlichen Raum. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die aktuelle Transformation unserer Wirtschaft. Zu Recht macht die Industrie- und Handelskammer Regensburg (IHK) darauf aufmerksam, dass eine klimafreundliche und bezahlbare Energieversorgung ein enormer Standortfaktor für viele Unternehmen ist. Die Verhinderung von Windkraft in unserer Region kann auch langfristig Arbeitsplätze gefährden.
Frage: Warum können wir nicht einfach statt Windkraft, die Photovoltaik noch mehr ausbauen?
Antwort:
Die Solarenergie ist eine der tragenden Säulen der Energiewende. Allein reicht sie allerdings nicht aus. Deshalb ist die Ergänzung um die Windkraft notwendig. Moderne Windräder erzeugen wesentlich mehr Strom pro Fläche als eine vergleichbare PV-Freiflächenanlage. Während ein Windrad bis zu 6000 Haushalte mit Strom versorgen kann, sind es bei PV-Freiflächenanlagen bei gleicher Fläche „nur“ 230 Haushalte. Ein weiterer Punkt ist die Netzstabilität. Vor allem in den Wintermonaten, in denen die PV schwächer abschneidet, kann die Windkraft zur Sicherung unserer Stromversorgung wesentlich beitragen.
Frage: Kritiker sagen oft, Windräder würden das Landschaftsbild verschandeln. Was entgegnen Sie?
Antwort:
Natürlich verändert ein Windrad die Landschaft – das lässt sich nicht bestreiten. Aber wir sollten uns fragen, ob es nicht sinnvoller ist, unsere Landschaften durch ein paar Windräder zu verändern als durch die Folgen der Klimakrise zerstören zu lassen. Unser Wald – der vorrangig wirtschaftlicher Forst ist – hat zudem bereits heute viele Probleme. Der durch den Klimawandel notwendige Waldumbau ist teuer und macht der Forstwirtschaft zu schaffen. Letztendlich sollte die Diskussion auch im Kontext unserer Möglichkeiten geführt werden: Es gibt aktuell noch keine völlig folgenlose Energieerzeugung. Windkraft geht allerdings im Vergleich mit deutlich geringeren ökologischen und gesellschaftlichen Kosten einher. Und wenn es in den nächsten Jahrzehnten andere Lösungen gibt, bauen wir sie eben wieder ab.
Frage: Wie steht die Energieagentur Regensburg selbst zur Windkraft?
Antwort:
Wir sehen Windenergie als zentralen Baustein einer nachhaltigen Zukunft. Deshalb engagieren wir uns in verschiedenen Projekten wie z.B. dem „Windkümmerer“ und Kooperationen, um Windkraft weiter auszubauen – technologisch, politisch und gesellschaftlich. Unser Ziel ist es, mitzuhelfen, die Energiewende nicht nur möglich, sondern auch mehrheitsfähig zu machen.
Frage: Was wünschen Sie sich für die Region?
Antwort:
Wir brauchen eine ehrliche gesellschaftliche Debatte. Damit meine ich, dass oftmals eine geringe Anzahl an Windkraftgegnern die öffentliche Diskussion lautstark befeuert, während die vielen Vorteile, die die Windkraft für die Kommunen, Gesellschaft und Umwelt mit sich bringt, kaum Gehör finden. Die Windkraft ist kein Allheilmittel – aber ohne sie werden wir unsere Ziele nicht erreichen. Wichtig ist, dass Fakten im richtigen Zusammenhang betrachtet werden – und dass man nicht nur dagegen ist, sondern auch Alternativen aufzeigt.
Der Wunsch, dass alles so bleibt wie früher, ist verständlich. Aber auf Dauer ist Stillstand keine Lösung. In Anbetracht der immer noch bestehenden Energieabhängigkeiten aus instabilen Ländern müssen wir auf regionale Energieerzeugung setzen und weiterdenken als bis zur eigenen Steckdose.